Jean Rondeau und das Cembalo

Jean Rondeau und das Cembalo
NO3
So, 30.03.2025 | 07:15 - 08:00

Biografie (D 2022)

Über ein Jahrhundert, eine ganze musikalische Epoche lang, wurde dem Cembalo kaum Beachtung geschenkt. Jean Rondeau, Jahrgang 1991, ist ein Glücksfall für das Instrument und dessen Renaissance. Der Franzose gehört zu den spannendsten Cembalisten der heutigen Zeit und verschafft der großen Cembalo-Literatur neuen Glanz. In diesem Konzertporträt lernen die Zuschauer*innen nicht nur den Tastenphilosoph, sondern auch sein Instrument kennen. "Ich war fünf, als ich zum ersten Mal ein Cembalo gehört habe – im Radio", erzählt Jean Rondeau in dem Film den jungen Cembaloschülern des Conservatoire de Rouen. "Ich war sofort fasziniert, natürlich eher vom Klang als vom Instrument selbst." Seine Blütezeit erlebte das Cembalo im 17. und 18. Jahrhundert, es galt vor allem als ein Instrument des Adels und wurde dementsprechend mit Überfluss und Dekadenz assoziiert. Es stand für eine Zeit, die durch die Französische Revolution und die Moderne scheinbar unwiederbringlich hinweggefegt worden war. Der Nachfolger, das Klavier, hatte es außerdem ganz schön alt aussehen lassen. So war das Cembalo fast in Vergessenheit geraten. Mit der Neuentdeckung der Barockmusik kehrte im 20. Jahrhundert aber auch das Cembalo zurück, fand in den 1960er-Jahren sogar kurz Einzug in die Popmusik (der Beatles-Produzent George Martin war ein großer Cembalo-Fan), und erstrahlt heutzutage dank junger, talentierter Musiker in neuem Glanz. Rockstar des Cembalos, Tastenphilosoph, Enfant terrible: Jean Rondeau hat schon viele Überschriften bekommen. Und in der Tat ist es eine kleine Revolution, die der junge Franzose seit einigen Jahren anschiebt. In kurzer Taktzahl erscheinen neue CDs und Millionen Menschen klicken seine YouTube-Videos. Eines davon ist das berühmte Cembalokonzert in d-Moll von Johann Sebastian Bach. Eben dieses Konzert bildet den musikalischen roten Faden der Musikdoku. "Es ist voller Überraschungen. Es passiert total viel, und es hat eine wirklich außergewöhnlich intensive Dramaturgie. Wahrscheinlich ist es genau diese Intensität, die die Menschen anspricht, die es hören – und spielen", schwärmt Jean Rondeau. Erlebbar wird das in dem Konzertporträt mit einem der renommiertesten deutschen Klangkörper für Alte Musik: dem Freiburger Barockorchester. Für Rondeau spielt es dabei grundsätzlich weniger eine Rolle, ob er auf einem historischen oder einem neuen Instrument spielt. Hauptsache, es klingt gut, meint er. Bei einem neuen Instrument, das das erste Mal auf Reisen ist, ist das allerdings der neuralgische Punkt. Und eine Herausforderung sowohl für die Nerven des Spielers als auch die Stimmkünste des mitreisenden Technikers. Auch das erleben die Zuschauer*innen während der Goldberg-Variationen-Tour, die der Film außerdem begleitet. Im Fokus steht dabei aber immer die Frage nach dem Ausdruck: "Ich finde es lustig, dass man im Französischen sowohl als "interprète" bezeichnet wird, wenn man Musik spielt, die von jemand anderem geschrieben wurde, aber auch, wenn man eine Sprache in eine andere übersetzt", sagt Jean Rondeau. "Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin wie die Dolmetscher bei den Vereinten Nationen, die in diesen kleinen Kabinen Reden in Echtzeit übersetzen."