Nach der Flucht – The Remains

Nach der Flucht – The Remains
FS2
Di, 28.10.2025 | 01:20 - 02:30

Gesellschaft (A 2019)

Zertrümmerte Teile von Schiffen, Gummifetzen von Schlauchbooten, angeschwemmte Habseligkeiten und Halden an Schwimmwesten: An die Küste der ägäischen Insel Lesbos angespülte Relikte sind stumme Zeugen von Fluchterfahrungen, zerschellten Hoffnungen und menschlichen Tragödien. Regisseurin Nathalie Borgers gibt in ihrem preisgekrönten Dokumentarfilm "Nach der Flucht – The Remains" den Namenlosen und ihren Angehörigen Gesichter, stellt den nüchternen Zahlen – allein mehr als 30.000 Menschen haben auf ihrer Überfahrt nach Europa im Mittelmeer den Tod gefunden – ihren Blick auf unmittelbar Betroffene und deren Schicksale entgegen. Der Film geht in subtiler Weise den sichtbaren und unsichtbaren Spuren nach, die die Fluchtbewegungen bei den Überlebenden, aber auch bei jenen, die sich an die Seite der Flüchtenden stellten, hinterlassen haben. Auf Lesbos, wo viele Geflüchtete auf ihrem Weg nach Europa gelandet sind, lässt die Filmemacherin beeindruckende Menschen zu Wort kommen, die sich in ihrer täglichen Arbeit extremen Notlagen und dem Tod stellen müssen. Die griechische Küstenwache schult Mitarbeitende des Internationalen Roten Kreuzes im Umgang mit Leichen, um eine spätere Identifizierung zu ermöglichen. Geflüchtete recyceln den Plastikmüll. Ein Friedhof entsteht, auf dem statt eines Namens und der Geburts- und Todesdaten nur der Hinweis "Agnostos – Unbekannter" und ein Datum der Bergung zu lesen sind. Eine zweite Erzählebene führt nach Wien, zu dem aus Syrien geflüchteten Farzat Jamil. Er hat Asylstatus erlangt und kann am Wiener Flughafen auch den Vater und drei seiner Schwestern wieder in die Arme nehmen. Doch hinter dieser emotionalen Wiedervereinigung steht auch der hohe Preis, den Farzats Familie für ein Leben in Europa bezahlt hat: 13 Familienmitglieder sind seit dem Kentern des Bootes auf der kurzen Überfahrt von der Türkei nach Griechenland verschollen. Ein Bruder lebt in Deutschland und darf nicht zu seinen Verwandten nach Wien übersiedeln. Nur Medikamente gewähren Schlaf und etwas Ruhe, Trost jedoch ist keiner zu finden. Denn zum Schmerz über den Tod der geliebten Menschen kommt das Bewusstsein, sie den Meerestiefen überlassen zu müssen, ohne von ihnen Abschied nehmen, ohne sie je begraben zu können.

Wertung

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