42 – Die Antwort auf fast alles

Wie mächtig sind Landkarten?

42 – Die Antwort auf fast alles
ART
So, 15.09.2024 | 08:55 - 09:25

Wissenschaft (D 2024)

Landkarten scheinen objektiv zu sein. Denn wo auf der Karte eine Kirche ist, ist auch in Wirklichkeit eine Kirche. Aber ob es eine Kirche auf der Karte gibt, ist eine Entscheidung. Genauso wie die Frage, ob Google Maps Läden und Cafés mit einem Symbol versieht – oder öffentliche Wasserspender und Skaterplätze. Nicht nur offensichtliche Propagandakarten haben eine Agenda. Auch ganz einfache Stadtpläne oder vermeintlich neutrale Weltkarten. Karten sind Ausdruck der Macht derer, die sie in Auftrag geben. Und hinter den meisten Karten standen lange Zeit große Auftraggeber wie Kirchen oder staatliche Institutionen. Dass diese Karten spezifische Interessen widerspiegeln, wird in der Kartographie seit den 1960er Jahren hinterfragt. Kritische Kartographie weist immer wieder darauf hin, wie eng Karten mit spezifischen Interessen, mit der Entstehung der europäischen Nationalstaaten und mit dem Kolonialismus verbunden sind. Aufschlussreich ist auch die Frage, wer eine Region kartographieren darf. Die Bewohner selbst, wie bei einem Kartierungsprojekt in einer informellen Siedlung in Kenia? Oder ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie im Fall von Google Maps, das mit einem Marktanteil von mehr als 90 Prozent unseren Raum weltweit erfasst und interpretiert? Neben der Wissenschaft weisen vor allem die Kunst und die indigenen Völker immer wieder auf die Macht von Karten hin. Denn um Karten zu erstellen, braucht es Geld, Zugang zu Bildung und Autorität. Es ist gut zu wissen, welche Geschichte hinter den Karten steckt, welches Interesse – und welches Potenzial.